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Gesundheit

Trotz Rückgang bleibt Zuckerkonsum auf alarmierend hohem Niveau

© zukamilov, AdobeStock

Hohe Zuckermengen in unserer Ernährung werden als einer der Risikofaktoren für Übergewicht und chronische Krankheiten diskutiert. Forscherinnen der Universität Bonn haben in einer Langzeitstudie den Zuckerkonsum von Kindern und Jugendlichen untersucht.

Das Ergebnis: Die Zuckeraufnahme sinkt seit 2010 kontinuierlich, liegt aber immer noch über der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Menge von täglich rund 25 Gramm Haushaltszucker. Die Studie wird im European Journal of Nutrition veröffentlicht und ist vorab online verfügbar.

„Unsere Analyse konzentriert sich auf die Aufnahme von freiem Zucker“, sagt Dr. Ines Perrar, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften (IEL) der Universität Bonn und Erstautorin der Studie. „Es wird diskutiert, ob Zucker – ebenso wie Salz und Fett – mit der Entstehung chronischer Krankheiten in Verbindung steht.“ Als freien Zucker definiert die WHO alle Zucker einschließlich Honig, Sirup und Fruchtsaftkonzentrate, die vom Hersteller oder bei der Zubereitung von Lebensmitteln oder Getränken im Haushalt zugesetzt werden. Auch Zucker, der von Natur aus in Säften enthalten ist, zählt dazu.

Für ihre Analyse nutzten die Forscherinnen des IEL die Daten der „Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed“ Kohortenstudie (DONALD). Die DONALD-Studie sammelt seit 1985 detaillierte Informationen über Ernährung, Stoffwechsel, Entwicklung und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wiegen und dokumentieren einmal im Jahr an drei aufeinander folgenden Tagen alles, was sie essen und trinken“, erklärt Prof. Dr. Ute Nöthlings, Inhaberin des Lehrstuhls für Ernährungsepidemiologie am IEL. „Mit Hilfe unserer institutseigenen Nährstoffdatenbank können wir daraus die Zufuhr bestimmter Nährstoffe, unter anderem freier Zucker, abschätzen.“

Besonders junge Menschen essen zu viel Zucker

Die Autorinnen werteten nun 4.218 dieser dreitägigen Wiegeprotokolle von 751 Kindern und Jugendlichen im Alter von drei bis 18 Jahren aus, die zwischen 2010 und 2023 erfasst worden waren. „Wir konnten feststellen, dass die Aufnahme von freiem Zucker weiter zurückgeht“, sagt Ines Perrar. „Dennoch liegt die tägliche Zufuhr im Durchschnitt immer noch über den Empfehlungen der WHO und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die maximal zehn Prozent der täglichen Gesamtenergiezufuhr empfehlen.“

Bereits 2019 hatte eine Auswertung der DONALD-Daten gezeigt, dass die Zufuhr von freiem Zucker seit 2005 rückläufig ist und 2016 im Median bei rund 16 Prozent der täglichen Energiezufuhr lag. 

Dieser Wert ist nun weiter auf 11,7 Prozent gesunken. Als möglichen Grund für diesen Trend vermuten die Forscherinnen ein gestiegenes Bewusstsein für die gesundheitlichen Folgen eines zu hohen Verzehrs bestimmter zuckerhaltiger Lebensmittel, wie etwa mit Zucker gesüßter Getränke.

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Zweifellos ein Erfolg, aber die Forscherinnen weisen auf Unterschiede in den Altersgruppen hin: „Wir sehen im Beobachtungszeitraum vor allem bei den Sechs- bis 14-Jährigen eine relativ hohe Aufnahme von rund 15 Prozent an freiem Zucker. Mit zunehmendem Alter nimmt die Zufuhr dann deutlich ab“, sagt Ute Nöthlings, die nicht nur Leiterin der DONALD-Studie, sondern auch Sprecherin des Transdisziplinären Forschungsbereichs (TFB) „Nachhaltige Zukunft“ und Mitglied des TFB „Leben und Gesundheit“ der Universität Bonn ist.

Tatsächlicher Zuckerkonsum wahrscheinlich noch höher

Die Ergebnisse unterstützen die aktuelle Initiative der Bundespolitik, den Zuckergehalt in Frühstückscerealien, gesüßten Milchprodukten, Softdrinks und Fruchtgetränken bis 2025 um mindestens 15 Prozent zu reduzieren. Die Forscherinnen weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Zuckerkonsum wahrscheinlich höher ist, als die Daten der Studie vermuten lassen. Zum einen besteht die Gefahr einer Untererfassung durch die Selbstauskunft der Probandinnen und Probanden über ihre Ernährung. Zum anderen ist die Studie nicht repräsentativ, da aufgrund des umfangreichen Studiendesigns eher Familien mit höherem, sozioökonomischem Status teilnehmen und hier tendenziell ein höheres Bewusstsein für Ernährungs- und Gesundheitsfragen zu erwarten ist.

Zuckerkonsum weltweit kritisch zu betrachten

Als Geschmacksverstärker finden wir Zucker in vielen Lebensmitteln und Getränken. Auch wenn es angebliche Zuckerersatzstoffe gibt: Letztendlich ist es immer eine Form von Zucker, die wir zu uns nehmen. Traubenzucker ist beispielsweise nicht gesünder als Haushaltszucker, auch wenn uns das oft suggeriert wird. Daher decken wir einen Großteil des Zuckerbedarfs, den wir zu uns nehmen, unbewusst. Adipositas oder Diabetes sind die häufigsten gesundheitlichen Risiken eines übermäßigen Zuckerkonsums in Deutschland. Weltweit wächst, vor allem in Entwicklungsländern, der Zuckerkonsum, wie aus einer Prognose der OECD hervorgeht.

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Statista hat den Pro-Kopf-Zuckerkonsum in Kilogramm in einer Grafik dargestellt. Demnach lag der weltweite Zuckerkonsum von 2012 bis 2014 bei 24.5 Kilogramm pro Kopf im Schnitt und wurde für 2024 auf circa 26.7 Kilogramm prognostiziert. Vor allem im globalen Süden wurde ein Anstieg von jährlich rund 124.500 Kilotonnen in 2012-2014 auf 162.400 in 2024 erwartet. In den Industriestaaten dagegen, wächst der Bedarf nur geringfügig von 49.700 auf 51.900 Kilotonnen. Dies liegt neben dem geringeren Bevölkerungswachstum vor allem daran, dass der Pro-Kopf-Verbrauch teilweise sogar rückläufig ist, wie die Infografik zeigt. Während beispielsweise in Brasilien oder Russland der Zuckerkonsum pro Kopf steigen wird, sinkt er in der EU oder auch in den USA. 

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe September 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.