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Rechtliches
© PoppyPix, AdobeStock

Voluntourismus: Kinderschutzrisiken müssen effektiv minimiert werden

Der Wunsch, zu reisen und sich dabei sozial zu engagieren, ist bei vielen Menschen vorhanden.

Mit einer Mischung aus Freiwilligenarbeit und Tourismus – dem so genannten Voluntourismus – hat die Tourismusbranche längst auf diesen Wunsch reagiert.

Was genau ist Voluntourismus?

Voluntourismus ist eine Reiseform, die Freiwilligenarbeit mit Tourismus verbindet. Der Begriff setzt sich aus „Volunteering“ (Freiwilligenarbeit) und „Tourismus“ zusammen. Bei einem Voluntourismus-Aufenthalt arbeiten die Teilnehmenden in der Regel für einige Stunden am Tag in einem sozialen oder ökologischen Projekt und verbringen den Rest des Tages mit touristischen Aktivitäten wie Sightseeing oder dem Erlernen der Landessprache.

Die Projekte können vielfältig sein: vom Engagement in sozialen Projekten wie dem Bau von Schulen oder der Unterstützung von Gemeindezentren, im Umweltschutz, etwa bei der Unterstützung von Aufforstungsmaßnahmen oder bei verschiedenen Naturschutzprojekten. Viele möchten auch in Tierprojekten mitarbeiten, zum Beispiel in Tierheimen, Tierauffangstationen oder Naturschutzgebieten, aber auch die Arbeit mit Kindern, ist gefragt. Der Schwerpunkt sollte auf dem kulturellen Austausch und der Unterstützung der lokalen Gemeinschaften liegen.

Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Voluntourismus auch negative Auswirkungen haben kann, besonders bei der Unterstützung von Einrichtungen für Kinder. Diese handeln oft nicht im besten Interesse der Kinder. Es ist wichtig, dass sich Interessierte gründlich mit dem Programm auseinandersetzen und sicherstellen, dass ihre Bemühungen tatsächlich positive Auswirkungen auf die Gemeinschaft haben und ethisch vertretbar sind.

Voluntourismus in Sozialprojekten mit Kindern birgt Risiken

Mit einem geschätzten Jahresumsatz von 2 Milliarden US-Dollar ist der Voluntourismus ein relevantes Segment der Tourismusbranche. Auf der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin war der wieder aufkommende Trend ein wichtiges Thema.

Der philanthropische Reisetrend bietet viele Lernmöglichkeiten, vor allem für Reisende. Vor Ort birgt er aber auch Risiken, insbesondere bei Freiwilligeneinsätzen in sozialen Projekten mit Kindern. Besonders im Fokus steht dabei der sogenannte „Waisenhaustourismus“, bei dem Freiwillige tage- oder wochenweise in Waisenhäusern arbeiten. Obwohl die negativen Auswirkungen auf die emotionale und kognitive Entwicklung der Kinder hinreichend bekannt sind und auch Fälle von Menschenhandel in Waisenhäusern bekannt wurden, bieten immer noch mehr als ein Drittel der Anbietenden Freiwilligeneinsätze in Waisenhäusern an.

Keine rechtlich verbindlichen Kinderschutzmaßnahmen im Voluntourismus 

Anknüpfend an frühere Studien zum deutschen Voluntourismus-Markt aus den Jahren 2015 und 2018 haben ECPAT Deutschland, die Arbeitsgemeinschaft zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und Tourism Watch, im Auftrag von Brot für die Welt, eine neue Marktanalyse durchgeführt. 50 Angebote von 25 Anbietenden wurden untersucht. Tourism Watch setzt sich für nachhaltigen Tourismus, den Schutz der Menschenrechte und Klimagerechtigkeit ein und ist Teil der Grundsatzabteilung von Brot für die Welt.

Eine Selbstregulierung des Voluntourismus-Marktes ist trotz zahlreicher Anläufe in den letzten zehn Jahren bisher gescheitert. Der gesetzliche Rahmen für den Markt des Voluntourismus in Deutschland sieht derzeit keine verbindlichen Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor.

Zum Thema „Kinderschutzrisiken im Voluntourismus minimieren – Empfehlungen zur politischen Gestaltung“ haben ECPAT und Tourism Watch von Brot für die Welt ein Policy Paper veröffentlicht. Auch wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Voluntourismus-Markt in Deutschland keine verbindlichen Kinderschutzmaßnahmen vorsehen, zeigen Beispiele aus anderen Ländern, dass es Lösungsansätze gibt. Es wird aufgezeigt, wie einigen Risiken begegnet werden kann, um der Verantwortung gerecht zu werden, die mit der Entsendung von deutschen Freiwilligen bei Einsätzen mit Kindern weltweit verbunden ist. Ziel dieses Papiers ist es daher, diese Lösungsansätze vorzustellen und damit einen Impuls für die Diskussion in Deutschland zu geben. 

„Organisationen, die in Deutschland mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, sind verpflichtet, Kinderschutzstrategien umzusetzen. Sobald es aber um kommerzielle Projekte im Ausland geht, greifen die deutschen Gesetze nicht mehr – das muss sich dringend ändern“, fordert Antje Monshausen von Brot für die Welt, Vorstandsmitglied von ECPAT Deutschland.

ECPAT International bietet auf seiner Homepage informative Berichte und Videos zum Thema Voluntourismus.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Mai 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.