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Leben auf Bali: Einblicke und Erfahrungen von Ausgewanderten

© BullRun, AdobeStock

Gastbeitrag von Julia Starkey

Etwa eine viertel Million Deutsche wandern jedes Jahr aus – Tendenz steigend. Ein beliebtes Ziel ist die indonesische Urlaubsinsel Bali. Doch woran liegt es, dass sich viele Auswandererinnen und Auswanderer für das 5.780 Quadratkilometer große Eiland im Indischen Ozean entscheiden?

Schöne Strände gibt es schließlich auch auf den Malediven, am Mittelmeer oder in der Karibik. Für diesen Beitrag habe ich verschiedene Auswanderinnen befragt. Sie erklären ihre Beweggründe und teilen Erfahrungen sowie Erkenntnisse. 

Warum wandern Menschen nach Bali aus?

Wer Bilder von Bali sieht, erkennt sofort, warum es Reisende und Ausgewanderte hierherzieht. Malerische Reisterrassen wechseln sich mit traumhaften Badestränden und exotischen Tempeln ab. Die Natur ist herrlich, das Klima subtropisch. Es ist das ganze Jahr über warm und meistens scheint die Sonne. Doch wenn wir ehrlich sind, dann bietet nicht nur Bali diese Vorzüge.

Doch Bali macht es einem in vielen Punkten sehr einfach, hierher auszuwandern. Bei meiner Tochter und mir sind aus einem geplanten Trip von zwei Monaten inzwischen sieben Jahre auf der indonesischen Insel geworden. Es stehen viele verschiedene Visa für einen Langzeitaufenthalt zur Verfügung. Außerdem ist die Infrastruktur ideal – egal, ob es sich um schnelles Internet, internationale Schulen oder eine gute Verkehrsanbindung in die ganze Welt handelt. Bali bietet eine bunte Palette an Vorteilen für Auswanderer und Auswanderinnen.

Doch das sind alles Fakten, die den Kopf befriedigen. Was mich dagegen fasziniert, sind die individuellen Beweggründe. Im Austausch mit verschiedenen Auswanderern kamen erstaunliche Parallelen zum Vorschein. 

„Ich bin nach Bali gekommen, um Veränderungen zu suchen. Zunächst war es nur ein spontaner Kurzbesuch, aber die Energie des Ortes hat mich hier gehalten“, sagt Markus, der Lebenskünstler aus Österreich.

Der Wunsch nach einer großen Veränderung lag bei allen Auswanderinnen und Auswanderern zugrunde. Manchen war die politische Situation – speziell während Corona – in Deutschland zu gefährlich. Sie fühlten sich von der Stimmungsmache gegen Impf- und Maskenverweigerinnen und -verweigerer bedroht und verließen deshalb das Land. Andere waren mit den Arbeitsbedingungen und der Abgabenlast unzufrieden. Bei vielen spielte auch das Wetter eine Rolle.

Erstaunlich ist, dass Dreiviertel der Befragten nicht geplant hatten, nach Bali auszuwandern. Sie sind aus unterschiedlichsten Gründen hier hängengeblieben. Entweder verliebten sie sich spontan in die Energie eines bestimmten Ortes oder in einen Menschen. Es waren Herzensgründe, die zum Umzug auf das Eiland führten.

Besonders spannend finde ich, dass diejenigen, die ihrem Herzen folgten, allesamt bereits sehr lange auf der Insel leben. Während viele andere Expats Bali irgendwann wieder verlassen haben. Denn natürlich gibt es auch die Menschen, die aus Vernunftgründen nach Indonesien ziehen. Nach der Recherche für diesen Beitrag frage ich mich allerdings, ob Ausgewanderte länger hierbleiben, wenn der Beweggrund eine Herzensentscheidung war.

 WELTWEIT AdobeStock 238119402© olezzo, AdobeStock

Wie finanzieren Ausgewanderte ihr Leben auf Bali?

Menschen, die nach Bali ziehen, finanzieren sich das Leben im Paradies auf unterschiedlichste Weise.

“Anfangs habe ich online gearbeitet, aber aktuell lebe ich von den Ersparnissen, weil ich letztes Jahr Mama geworden bin. Im Moment baue ich mir gerade ein Geschäft vor Ort auf”, gibt Social-Media-Expertin Sonja an. 

Manche besitzen Ersparnisse, die sie verwenden. Andere leben von ihrer Rente. Meines Erachtens hat der Großteil aber irgendeine Art von Einnahmequelle. Hier unterscheidet man zwei Kategorien: das Arbeiten auf Bali sowie die digitale Nomadentätigkeiten.

Arbeiten auf Bali

Damit Ausländerinnen und Ausländer auf Bali arbeiten dürfen, brauchen sie ein entsprechendes Visum. Das gilt sowohl für eine Selbstständigkeit als auch für eine Anstellung. Tatsächlich ist der Visa-Dschungel groß. Am besten wendet man sich an eine Agentur und lässt sich individuell beraten. Wichtig ist, einen seriösen Anbieter zu wählen. Denn es kommt immer wieder vor, dass bei den Visaanträgen getrickst wird. Häufig geht das erst einmal gut. Aber wenn ein möglicher Betrug herauskommt, droht die sofortige Ausweisung. 

Für Menschen aus dem Ausland ist es unmöglich, einen gewöhnlichen Job anzunehmen. Expats können etwa nicht als Kellner oder Taxifahrerin arbeiten. Sie dürfen nur angestellt werden, wenn es keine Einheimsiche oder keinen Einheimsichen gibt, die oder der den gleichen Job erledigen kann. Wenn dagegen jemand mit einer bestimmten Ausbildung oder Deutsch als Muttersprache für Deutschunterricht gesucht wird, ist eine Anstellung kein Problem.

Digitales Nomadentum in Indonesien

Viele Reisende und Ausgewanderte arbeiten als sogenannte digitale Nomadinnen und Nomaden auf Bali. Das bedeutet, dass sie vor Ort leben, aber online arbeiten – in der Regel für Kundinnen und Kunden beziehungsweise Klientinnen und Klienten im Ausland. Grundsätzlich darf man auf Bali nicht arbeiten, wenn man keine entsprechende Erlaubnis hat. Wer für Unternehmen im Ausland tätig ist, befindet sich in einer Grauzone. Bisher gibt es noch kein typisches Digitales-Nomaden-Visum, wie es andere Länder anbieten. Die meisten digitalen Nomadinnen und Nomaden besorgen sich entweder eine Arbeitserlaubnis oder sind mit einem Sozial- oder Besuchervisum hier und arbeiten remote.

Wie wohnen Ausgewanderte auf Bali?

Ein großer Vorteil für Auswanderer und Auswanderinnen ist die Wohnsituation auf der Insel. Es gibt Mietunterkünfte in allen Preiskategorien. Von einem einfachen Zimmer bis zur Luxusvilla mit Pool und Hausangestellten ist alles zu haben. Zudem sind viele Domizile komplett ausgestattet. Das bedeutet nicht nur, dass die Möbel vorhanden sind. Nein – von der Kaffeetasse über Handtücher und Bettwäsche bis zu den Vorhängen steht alles bereit. Die meisten Ausgewanderten leben – zumindest anfangs – in einem Mietverhältnis. Dabei kann man sowohl Monatsmieten als auch Jahresmieten abschließen. Verträge gehören bei Monatsmieten eher nicht zum Standard.

Als Ausländer ist es nur auf Umwegen möglich, ein Grundstück zu kaufen. Eine Option ist es, eine Firma zu gründen. Denn ein Unternehmen darf Grundbesitz haben. Diese Regelung ist relativ neu. Der Großteil der Einwanderer schließt eine Langzeitpacht mit einem Einheimischen ab. Das Land gehört einem dann für 20 oder 30 Jahre. Anschließend wird neu verhandelt. 

Eine Gefahr bei Grundstückskäufen oder Langzeitpacht ist, dass die Besitzverhältnisse der Eigentümer nicht immer eindeutig geregelt sind. Es kommt öfter vor, dass sich herausstellt, dass der einheimische Vertragspartner die Rechte an dem Land nicht besitzt. Wer sich überlegt, ein Grundstück auf Bali zu kaufen, der sollte sich deshalb unbedingt professionell beraten und von einem Juristen bei der Vertragsausarbeitung unterstützen lassen. 

Wie sehen die sozialen Beziehungen zu den Einheimischen aus?

Die Balinesen sind ein äußerst freundliches, ehrliches, respektvolles und zurückhaltendes Volk. Wer durch die Straßen spaziert oder fährt, wird allerorts fröhlich angelächelt. Die Einheimischen gelten als hilfsbereit und offen. Sie laden Fremde gerne in ihre Familien ein. So ist es keine Seltenheit, dass man sich plötzlich in Sarong und Kebaya gehüllt im Tempel wiederfindet. 

Tatsächlich erlebe ich den Kontakt zu Einheimischen eher als zweischneidiges Schwert, denn er ist von kulturellen Missverständnissen geprägt.

„Es ist nicht einfach, echte Freundschaften aufzubauen. Die Einheimischen sind oft auf sich bezogen“, meint Tom, Familienvater aus München.

Der Austausch mit den Balinesen fühlt sich oft sehr intensiv an. Es ist leicht, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Relativ schnell sind intime Unterhaltungen möglich, wie wir sie oft nur mit engen Freunden führen. Deshalb verwechseln viele Eingewanderte häufig einen normalen Kontakt mit Freundschaft. Dann kommt es immer wieder zu enttäuschenden Momenten. Während in unserer Kultur die Freundschaft einen vergleichbaren oder sogar höheren Status als die Familie hat, geht auf Bali die Familie immer vor.

Deshalb ist zwar ein intensiver Austausch möglich, aber enge Freundschaften, vergleichbar mit denen in der westlichen Welt, gibt es nur wenige. 

Auch die echte Integration ist schwierig. Auf Bali spielen Religion und Tradition eine fundamentale Rolle. Sie prägen das gesamte Leben. Schon allein, weil wir nicht der gleichen Kultur entspringen, ist eine tatsächliche Integration schwierig. Aber ich bin auch nur bedingt ein Freund von Integration. Ausländer sind hier willkommen, solange sie sich an gewisse Grundregeln halten. Niemand erwartet, dass man sich die Kultur überstülpt, aber respektvolles Verhalten ist wichtig und richtig. 

Wie hat sich Bali in den letzten Jahren verändert?

Alle Ausgewanderte, die ich für diesen Beitrag interviewt habe, beschreiben die gleichen Veränderungen. Es wird seit Jahren extrem viel gebaut. Dschungel und Reisfelder weichen neuen Hotels und Villen. Die Infrastruktur ist in vielen Teilen der Insel ausgebaut worden, gleichzeitig hat aber auch der Verkehr stark zugenommen. Staus gehören zum Alltag.

Insbesondere seit dem Erfolg des Buchs und Films „Eat, Pray, Love“ hat sich die Insel verändert. Das Werk von Elisabeth Gilbert löste einen massiven Touristenansturm aus. Der bis heute anhält. Das wirkte sich auch auf die Preisentwicklung aus. Speziell seit dem Ende der Corona-Pandemie steigen die Preise in den beliebten Urlaubsorten ins Astronomische.

Aber nicht nur die Landschaft und das Preisgefüge haben sich transformiert. Auch die Einheimischen scheinen einen Wandel durchzumachen. Einer der befragten Auswanderer, der die Insel seit 1992 kennt, beobachtet, dass die Einheimischen „dicker geworden“ seien und wenig Gefühl für gesunde Ernährung hätten.

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Welche Licht- und Schattenseiten hat Bali?

Bali fasziniert Ausgewanderte mit seiner unverwechselbaren Atmosphäre, der besonderen Energie und seiner natürlichen Schönheit. Die Insel bietet eine reiche Kultur, geprägt von täglichen spirituellen Ritualen und der herzlichen Offenheit der Einheimischen. Das subtropische Klima sorgt für ein angenehmes Lebensgefühl – ergänzt durch die Nähe zum Meer und einer Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten wie Surfen und Wandern. Einfache, frische und preiswerte Mahlzeiten steigern die Lebensqualität zusätzlich.

„Der Umgang mit der Kultur kann schwierig sein. Es gibt viele Zeremonien und Traditionen, an die man sich gewöhnen muss“, beschreibt Sonja.

Trotz dieser positiven Aspekte birgt das Leben auf Bali auch Herausforderungen. Die Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur und Sprache erweist sich oft als schwierig, ebenso die Anpassung an die hohe Luftfeuchtigkeit und gelegentliche Korruptionserfahrungen. Ständig ändernde Visa-Bedingungen sowie bürokratische Hürden verursachen Stress. Das schnelle Wachstum und die zunehmende Anzahl an Touristen führen zu einem starken Verkehrsaufkommen und dichterer Bebauung. Das empfinden viele Ausgewanderte als belastend. Zudem gestaltet sich das Knüpfen und Erhalten tiefer sozialer Kontakte oft komplizierter als erwartet und erschwert die soziale Integration.

5 Tipps für potenzielle Auswanderer

Aus den Interviews und meinen eigenen Erfahrungen möchte ich allen Menschen, die überlegen, nach Bali auszuwandern, folgende Ratschläge an die Hand geben. 

  1. Probezeit auf Bali verbringen: “Zunächst eine Zeit lang Urlaub oder ein Probejahr auf Bali verbringen und dann entscheiden, ob man wirklich auswandern will“, empfiehlt nicht nur Tom. Es ist auf jeden Fall hilfreich, sich persönlich mit den lokalen Gegebenheiten vertraut zu machen und zu überlegen, ob ein dauerhaftes Leben auf der Insel wirklich den Vorstellungen entspricht.
  2. Flexibel bleiben: Zu fixe Pläne führen meistens nicht zum Glück. Gerade anfangs ist es deshalb besser, bei der Wohnsituation und der Lebensplanung flexibel zu bleiben. So kann man rascher den Ort, den Job oder die Schule der Kinder wechseln, falls es doch nicht passt.
  3. Sprache und Kultur respektieren: Es ist wichtig, die lokale Sprache zumindest grundlegend zu erlernen und sich mit den kulturellen Normen und Werten auseinanderzusetzen. Das zeigt Respekt und fördert eine schnellere Akzeptanz.
  4. Visa-Bedingungen genau prüfen: Es ist essenziell, sich gründlich über die verschiedenen Visaoptionen zu informieren und die jeweiligen Bedingungen zu verstehen. Nur so lassen sich rechtliche Probleme vermeiden.
  5. Beziehungen zu Einheimischen aufbauen: Viele Auswanderer empfehlen, eine aktive Beziehung zu den Einheimischen zu pflegen. Auch wenn tiefe Freundschaften selten sind, sind gute Bekanntschaften wichtig. Balinesen, die einem wohlgesonnen sind, helfen im Notfall immer und bieten ihre Unterstützung. Außerdem lernt man durch diese Beziehungen die Kultur und Eigenarten der Insel besser kennen. 

Bali bietet eine verlockende Mischung aus exotischer Kultur, atemberaubender Natur, moderner Infrastruktur und einer warmherzigen Gesellschaft. Natürlich gibt es auch Schattenseiten, aber für mich überwiegen die positiven Faktoren bei Weitem. 

Über Julia Starkey

Julia Starkey ist Diplom-Betriebswirtin (FH) und Reiseverkehrskauffrau (IHK), seit vielen Jahren digitale Nomadin und arbeitet nun unter anderem als freie und unabhängige Texterin. Als solche verfasst sie insbesondere SEO-optimierte Inhalte für Familien-Webseiten. Aktuell lebt sie mit ihrer Tochter auf Bali. Einen Einblick in ihr Leben und ihre persönlichen Erfahrungen hat sie in einem Interview mit der BDAE-Redaktion gegeben.

julia-starkey.de

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Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Mai 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.